„Wenn die Musik vorüber ist, ist sie in der Luft verflogen. Du kannst sie nie wieder einfangen.“ Eric Dolphy

Spielt man in einem Dur-Akkord plötzlich eine Moll-Terz erzeugt man eine Dissonanz – bewusst. Die blue note, die blau Note, also die schwere Note, die die Würze im Harmoniebrei des Jazz ausmacht, ist also gefunden. Daher ist Jazz bekanntermaßen „blau“ – und Fotos davon „müssen“ im Umkehrschluss somit immer schwarz/weiß sein… Gut, dass es nicht immer so einfach ist, wie das Foto der US-Amerikanerin, Esperanza Spalding, zeigt. Aber der „Rest“ ist schwarz-weiß – versteht sich -.

Spielt man in einem Dur-Akkord plötzlich eine Moll-Terz erzeugt man eine Dissonanz – bewusst. Die blue note, die blau Note, die schwere Note, die die Würze im Harmoniebrei des Jazz ausmacht, ist gefunden.
Daher ist Jazz bekanntermaßen „blau“ – und Fotos davon „müssen“ im Umkehrschluss somit immer schwarz/weiß sein…
Gut, dass es nicht immer so einfach ist, wie das Foto der US-Amerikanerin, Esperanza Spalding, zeigt.
Aber der „Rest“ ist schwarz-weiß – versteht sich.
Mannheim, 2010

Für die Romantiker war die Musik die mächtigste der Künste, eine Sprache jenseits der Sprachen, unerreichbar für Begriffe. Jeder, der über Musik schreibt, macht diese Erfahrung immer wieder neu, immer wieder anders: Er mag Musik schildern und analysieren, so gut er kann, aber die Gegenwärtigkeit ihres Erklingens, ihre Macht des Augenblicks, lässt sich sprachlich nicht fassen.

1938 entdeckte der Amerikaner William Gottlieb ein Mittel, um dieses Defizit seiner Jazz-Rezensionen auszugleichen: die Fotografie. „Die Bilder griffen über das hinaus, was ich in Worten sagen konnte“, erinnert er sich. „Was ich geschrieben habe, ist heute so gut wie vergessen, aber die Fotos sind noch immer lebendig.“ Das Bild als Vergegenwärtigung von Unsichtbarem, von Sprachlosem – von verklungener Musik. Dem Jazz-Kritiker scheint es manchmal, als näherte sich der Fotograf von der entgegengesetzten Seite des Berges – und als käme er auf dieser Aufstiegsroute dichter an die Musik heran, als Worte es je könnten.

Wie der Musiker verzichte ich auf Begriffe und Kategorien. Ich fotografiere den Moment in dem sich Körperliches, Mentales und Emotionales verbinden. Vibration und Stille. Die Wahrheit von Licht und Schatten, das magische Fluidum des Raums, das Geschehen im Jetzt, das im Jazz so entscheidend ist.

[Pure und klare klangBILDER]

„Das Ganze ist mehr als die Summe seiner Teile“ heißt es verkürzt nach Aristoteles. So ist auch Musik mehr als die Summe der Noten, mit der sie aufgeschrieben werden kann.
In meinen Jazz–Fotografien aber offenbart sich fast immer der Gesamteindruck im Detail, vermittelt das Detail mehr als die Summe des Ganzen. Selten sieht man auf meinen Bildern alles, was man meint sehen zu müssen, und doch fehlt nichts, erzeugt sich die Spannung, die in der Musik gelegen haben muss, die zu hören war, durch das Detail. Meine Jazz- Fotografien leben von ihm. Meine Bildsprache und Ästhetik unterscheidet sich bewusst von der vieler anderer Jazz-Fotografen. Ich suche das Pure und Klare.
Ich tauche ein in die Szene, keine der Posen ist inszeniert, ich fotografiere was ich vorfinde. Aber ich überlasse es nicht dem Zufall, wohl bedacht und überlegt warte ich auf den richtigen Moment und arrangiere sorgfältig. 

Der fotografische Blick bleibt nur auf den Händen des Pianisten, den zupackenden Fingern des Saxophonisten, den gespannten Saiten des Basses, den Lippen, den geschlossenen Augen konzentrierter Gesichter vor schwarzem Hintergrund, der sie wie eine alte Münze geprägt hervorhebt.  Ein Schwarz wie die Nacht, als Pendant zur Stille. Aber ab und an „geschwängert“ von buntem Licht und Rauch als visuellen „Signalen“ der Lebendigkeit.
Jazz ist nicht nur melancholisch, pointiert, sondern auch lustig und heiter, oft überbordend bunt und farbig, geträufelt mit vielen, vielen Klangfarben.
Auch das zeigen die Bilder, ob schwarz-weiß oder eben farbig…

„Ich bin kein Konzertgänger, kenne die Musik und das Ambiente nicht, aber wenn ich Ihre Bilder sehe, fühle ich mich, als wäre ich dabei, mittendrin. Diese Bilder müssen alleine stehen, brauchen die Haptik des Papiers, den Raum um sie herum…“, meinte einst ein Mäzen und ermöglichte mir eine eigene, große Ausstellung in der Wormser Kaiserpassage.

Es folgten weitere, auch in Museen, in Worms, Mannheim, Ludwigshafen, Heidelberg. Und Bücher.